Dienstag, 25. September 2007

Review: The Last Duel [ 18/05/1989 ]

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Bei seinem vorherigen The Big Brother [ 1987 ] noch wegen seiner unpersönlich erscheinenden, seltsam energielos-entkräftet wirkenden Inszenierung geschmäht, legt Regisseur Tommy Fan im Nachfolgeprojekt umso williger mit fliegendem Parallelstart los. Im ergrimmten Durcheinander auf belebter Straße werden Menschen von Autos angefahren, durch Glasscheiben geschleudert und Treppen hinunter gestürzt. Ohne Rücksicht auf die unbeteiligte Umwelt. Alles im Namen des Volkes und mit dem Gesetzbuch legitimiert.

Es sind nämlich Polizisten, die dort wie die Axt im Walde agieren. Keine Ritter der Gerechtigkeit auf dem Weg der Tugend. Und auch nicht so zielsetzend wie die hasserfüllten, scheinbar skrupellosen Einzelkämpfer im amerikanischen Dirty Harry / French Connection, die mit dem Allgemeinwohl im Hintersinn die fragwürdigen Mittel dem Zweck und der Nemesis anpassen. Sondern eine wild gewordene Rabaukentruppe mit starken Korporativismus, die im Versagen der Zivilisation noch so manche Male schneller zur Waffe greifen als in der Dienstvorschrift geboten ist. Und sich zusammen mit Pistole und Ausweis sowieso zu Allem ermächtigt und berechtigt fühlen.
Fernab von to protect and to serve wird die selbstverständliche Autorität dazu benutzt, mit scheinbarer Narrenfreiheit den eigenen Instinkten nachzugehen, die Dienstvorschriften zu missachten und das law enforcement business nach Gutdünken zu manipulieren. Traumjob Polizist. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

CID Inspector Ken [ Karel Wong ] verhaftet hier und da auch richtige Verbrecher, hat es aber ansonsten aus strikt persönlichen Gründen vor allem auf den Ex-Knacki Suen Man-kwong [ Alex Man ] abgesehen, der ihm schon einmal in die Quere kam und trotz offensichtlicher Unschuld und Verfahrensfehler auch bereits die Lehren ziehen musste: Ken hat ihn wegen Totschlags einer Hochschwangeren festgenommen, obwohl er diese selber bei einem Gerangel mit einem flüchtenden Autodieb lebensgefährlich verletzt hat. Nach drei Jahren Gefängnis möchte Suen ein neues Leben anfangen, mit seinem Bruder Tit Muk-chuen [ Dicky Cheung ] und dessen Freundin Tan [ Joanna Chan ] ein kleines Geschäft eröffnen und vielleicht noch bei der hübschen Nachbarin Pok Mei-li [ Rosamund Kwan ] landen. Unwissend, dass diese bereits von Ken umgarnt wird, der auch in der Angelegenheit kein Nein akzeptiert.

Ein einfaches Muster mit hohem Wiedererkennungswert und viel rhetorischem Kugelhagel:
Der disziplinlose Schutzmann setzt den Polizei- und Justizapparat für seine Zwecke ein, ermittelt so Gefahrenquellen und sorgt für deren prompte Beseitigung. Schneidet mit dem "Schuld bei Verdacht" - Motto, dem seltsamen behördeninternen Berufsethos und der vollzogenen Selbstjustiz dem nunmehr weitgehend Schutzlosen Suen den einzigen Ausweg der institutionellen Kontrollmöglichkeiten ab. Das gebrochene Vertrauen in die Exekutive wirft den Bürger entrechtet und ohnmächtig auf die Straße zurück, auf der er sich selber mit allen Mitteln wehren muss, um nicht unter die Räder zu kommen.

Auf der einen Seite die harmlose Gesellschaft, die eigentlich nur ihr Leben im beengten, besitzlosen, aber trotzdem trauten Heim und mit ehrlicher Arbeit verbringen möchte, das Geld für die Zukunft in einem Sparschwein sammelt und sich bis dahin mehr schlecht als recht, aber immer mit moralischem Anspruch durch die Gegenwart schlägt.
Auf der anderen der institutionalisierte Ombud, der Beauftragte zur Wahrung staatlicher Interessen, der sich mit seinen ebenso frevlerischen Kollegen im Hauptquartier als Vereinigung von Personen eines Berufes und einer Gesinnung trifft und sein Sold bevorzugt damit verdient, jenseits von Liberalismus und Sozialismus unliebsame Konkurrenten zu schikanieren. Deutlich faschistische Züge trägt und Werte wie den Sinn für Ordnung und den Respekt vor Hierarchien zum eigenen Gunsten verdreht.
In der Mitte, weitgehend zweck- und hilflos, der brave Polizist Inspector Lee [ Tommy Wong ], der trotz gleichem Rang nichts zu sagen und schon gar nichts zu bewegen hat, weil er der Domäne der blauen Mauer des Schweigens als Subjektivist und damit Verfemter außen vorsteht.

Unterstützt von einem aufbrausend offensivem Schnittrhythmus, angriffslustigen Dialogen, cholerischen Einstellungen und abseits von explorativen Expertengesprächen und Sekundäranalysen wendet man sich besonders an das Ehr- und Unrechtsgefühl des Zuschauers. Die Diskrepanz zwischen missachtender Eigenmächtigkeit und rechtmäßiger Legitimität wird bereits vor Titel und credits derartig extrem angesprochen, dass man sich bis zur nächsten Steigerung eine ganze Weile Zeit lassen kann. Der Aufbau gleicht einer Kampfbereitschaft demonstrierenden Frontenbewegung. Eine intensiv / defensiv / aggressiv Struktur, die fern von Spiel und Spaß auch nur begrenzt Action und Gewaltausbrüche braucht, um das Gefühl von Bedrohung und Gefahr heraufzubeschwören. Höhepunkte sind mit Absicht sparsam ge- und mit einer aufsteigenden Spannungslinie, kontrastierender Spielphasen und intensivierter Reflexion ersetzt. Mehrere Male sieht man das Unheil von Faustrecht und Willkür bereits kommen, scheut die Konsequenzen, die Quelle des Chaos, möchte warnen und wird dann trotzdem unerbittlich mit den Folgen provoziert: Die finale Konfrontation als folgerichtige Eruption der aufgestauten Unannehmlichkeiten, ein erbitterter Kampf um die Rückerlangung freiheitlicher Grundrechte, mit tödlichen Feuersbrünsten, schmerzhaften Autostunts und alles klärenden Schießereien.

Natürlich wird dies offenkundig polemisch und in aller trivialen Brachialität behandelt, nicht im unterschwelligen Zwischen-den-Zeilen-Schreiben und auch nicht mit anklagenden oder aufklärenden Absichten im Hintergrund. Sondern mit kontrastreichem Akzentmuster über dem Grundpuls. Großspurig und indiskret, geistlos, ein wenig ungalant, aber nicht ungelenk. Mit genug plakativen Klischees und pathetischen Überhöhungen, um auch den letzten Zweifelnden von dem Heraufbeschwören gefährlicher Feindbilder zu überrumpeln. Ohne Schönfärbung und Glättung, mit starkem Beharren auf der umgekehrten Gut - Böse - Pattsituation und der strikten Trennung zwischen beiden Mächten; die jeweils wenig Figurenzeichnung und auch keine ausführliche programmatische, soziologische und politische Charakteristika abbekommen, sondern einfach im Kontext funktionieren müssen. Ein publikumsbezogenes Vorderbühnenspiel gewisser Stereotypen.
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