Samstag, 16. Februar 2008

Review: Fatal Mission [ 12/12/1991 ]

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Grimmiger modern day Reisser vom Golden Princess Amusement Co., Ltd. Distributor, die zwischen 1989 und 1992, also quasi in der Goldenen Phase, der Blütezeit des gegenwärtigen Actionkinos eine schon zahlenmäßig erstaunliche Reihe von entsprechend zeitgenössischen Vertretern veröffentlicht haben. Praktisch die Crème de la crème, eine elitäre Gilde an glücklicherweise meist ernst gehaltenen, nicht über dramaturgische Umwege irrenden, mit solidem Finanzhintergrund und folglich auch den damals noch in Scharen vorhandenem Talent hinter und vor der Kamera gesegneten Produktionen, die bis heute eine leistungsfähige Auswahl aus dem damaligen cineastischen Habitus darstellen.

Der Schwerpunkt der durch ihre drastische, ungeschliffene, leicht ungewandt, aber nicht eingerostete Machart gut erkennbaren Quintessenz lag dabei normalerweise auf diversen Triadenwerken, die man mit Just Heroes, Return Engagement, Gangland Odyssey, Hong Kong Godfather, Requital usw. auch in angemessen ausdrucksstark stilisierter, dennoch raubeiniger Weise bedient hat. Fatal Mission – vom ehemaligen Shaw Brothers Akteur und heutigem adult softcore Regisseur Stephan Yip – ist eine der wenigen thematischen Ausnahmen, nimmt aber sonst dieselben Formen und Gestalten an; eine unglamourös expressive Sprache, in der Gesten und Mimik ungehindert kantig wirken, mit individuell ungebrochenen Drang nach vorne und der treibenden Tendenz zur aufgeregt-vereinfachten und vereinfachenden Unterhaltung. Als entscheidend wichtiges Rückgrat das Motto, dass man es auf keinen Fall nicht komplizierter macht, als es tatsächlich ist.

Ein wenig linkisch plump, aber nie umständlich oder gar schwerfällig gehalten wird eine öffentlichkeitswirksam zerklüftete Geschichte der allumfassenden Paranoia erzählt, in der das Leben einer ganzen Familie schon durch eine simple Verwechslung, ja einen unglücklichen Zufall entweder ausgelöscht oder so rabiat umgekehrt wird, dass nie wieder etwas so wie früher sein wird. Aus der Normalität gerissen, dessen idyllischen Frieden man gerade noch im privaten Kreis seiner eigenen kleinen Welt feiern und sich daran erfreuen konnte, wird von Heute auf Morgen die Situation eines erbarmungslosen Rachefeldzugs. Spekulative Grundlage, ein Milieu der Verbitterung, der Desillusionierung, des Frustes, analog karg illustriert, mit Mut zu einigen brüsken Schlenkern und der Vorliebe für ungeschöntes Vorgehen nahe der zivilisatorischen Albtraumgrenze. Als Prämisse nicht nur die Kriminalität der Mächtigen, sondern gleich polizeiliches "Fehlverhalten". Um eine Gruppe Drogenfahnder, die außerhalb der Institutionellen Kontrolle ihr eigenes Gesetz, ihren autarken Berufsethos, ihr Phänomen der Befehlsgewalt schreiben und danach handeln:

Familienvater Peter Liang [ Derek Yee ] wird während der Geburtstagsfeier seines kleinen Sohnes, die er zusammen mit Frau und dem jüngsten Kind, einer Tochter, zuhause im trauten Heim verbringt, jäh aus der trauten Gemütlichkeit gerissen. Im Auftrag von Captain Keeler [ Saskia Van Rijswijk ] vom narcotics bureau, allerdings nach Weisung vom Drogenhändler Harry [ Ricky Yi ] brechen fünf von Keelers Truppe [ Joseph Cheng, Frankie Chan Chi-Leung, Alan Chui, Leung Gam-San, Pomson Shi ] in sein Haus ein. Im folgenden Kampf wird Peters Frau erschossen und sein Sohn durch ein ausbrechendes Feuer getötet. Superintendent Woo [ Sibelle Hu ] übernimmt die Ermittlungen, muss nach wochenlangen Nachforschungen allerdings mit Antworten ausbleiben. Währenddessen kommt Peter über seinen vor Angst flüchtigen Nachbarn Chuck [ Gallen Lo ] sowohl an das Motiv als auch die Hintermänner des Verbrechens heran und setzt nach weiteren bürokratischen Fehlschlägen seine Erfahrung als Sprengmeister gegen Keeler und ihre Eingreiftruppe ein.

Auch wenn sich die spröde Regie bis dahin einige Zeit lässt und auch zwischenzeitlich lange das nunmehr nachhaltig zerrissene soziale Leben von Peter Liang und seiner etwa zweijährigen Tochter in Augenschein nimmt, so entsteht doch keine Diskussion aus soziologisch-realwissenschaftlicher Sicht über die Durchführbarkeit des grundrechtsschützenden Strafnormen gegen die Polizei, den Sinn von Beschwerdeinstanzen oder einen Alternativentwurf rechtlicher Konstruktionen, die die Geheimnisse und Geheimhaltung des polizeilichen Apparates näher in Augenschein nehmen. Ähnlich wie im frostig herben The Last Duel [ 1989 ] oder noch weit eher in Magnum Force [ 1973 ] wird in der hiesig präsentierten Exekutive eine Obrigkeitsherrschaft definiert, die mit ihren Instrumenten zur Unterdrückung von Allen Gehorsam erzwingen kann. Eine Gendamerie Schwarzer Schafe, die egal unter welchen Bedingungen einen unbarmherzigen Dienstleistungsbetrieb ohne moralischem Anspruch, dafür aber mit primären Selbstzweck führen.

Als Erwerbsorganisation, die alles ausnutzt, wo sich konkrete Vorteile bieten. Ein absoluter Gewaltstaat voll Raubrittertum im wörtlichen Sinne, dem der geprellte Kleinbürger wenig entgegensetzen kann; außer natürlich, wenn er denn statt auf die Justiz der Allgemeinheit auf sein abgeleitetes Recht auf Selbstjustiz gegen die Feindlichen Verbände zurückgreift. [ Eine hübsche Asymmetrie zu Vengeance is Mine, wo der mandeläugige Edelmime Derek Yee als Durchschnitt der Bevölkerung mit Vertrauen auf law & order einen massiven Verdrängungsprozeß beschritt, noch weitgehend tatenlos den Schandtaten zusah und genau wegen dieser Teilnahmslosigkeit büßen musste. ]

Ein Lernprozess der blutrünstigen Vigilanten-Gnadenlosigkeit, die die Death Wish / Death Sentence Interpretation in grantig missgelaunten Bildern verdüsterter Beleuchtung präsentiert. Die vermeintliche Wiedergutmachung, das eigene therapeutische Potential, das Geraderücken in ausgleichender, wenn auch nicht ordnungsgemäß statthafter Gerechtigkeit sorgt für die tief enttäuschte, gleichzeitig wilde Energie der Handlung und zusätzlich auch dafür, dass ihre Bindung und Koordination sichergestellt ist. Auch wenn neben konkreter Transformation eben auch eine Menge Exploitationcharakter, Populismus aus der Boulevardpresse und Emotionalität per Holzhammer im anteiligen Beitrag erforderlich ist. Mit ähnlich grobkörnigem Werkzeug wird dann auch zur Tat geschritten, physische Kraft statt geistige beansprucht, sich von Beginn weg ohne große Skrupel bekämpft und final in der Tötungslust triumphiert: Spaten, Stahlrohre, Steinen, Glas im direkten Zweikampf eingesetzt und aus der Hinterhand mit Messern, Pistolen, Brandanschlägen und flächendeckendem Granatenwurf agiert.
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Review: Angel's Project [ 1993 ]

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Im vorläufigen Abschlussjahr des girls with guns Genres von SLG Film Productions (HK) Ltd. bereitgehaltener Durchschnitts-Vertreter, der in zeitgenauer Abrechnung dem damals noch gut bestückten Konkurrenzkampf ein wenig die Federn lassen musste. Zumindest heutzutage, ausschlaggebend sicherlich auch durch offizielle Distribution sind ganz ähnlich gesinnte Arbeiten wie Angel Terminators 2, Avenging Quartet, Madam City Hunter und Way of the Lady Boxers mehr im Munde der entsprechenden Klientel, auch wenn sie selber keine handwerklichen Meisterstücke darstellen. Leider Gottes kann Angel's Project die jahrelange Vernachlässigung auch nicht reaktiv wiedergutmachen, das Unterschätztwerden nicht umkehren, keine Sonderausgabe in Gold erlangen.

Etwaige Versprechen aufgrund der Mitwirkung durch die beiden battle queens Sibelle Hu und Moon Lee sowie der üblichen Belegschaft und die Andeutungen eines Kleinkriegsfilmes im Dschungelmilieu treffen alle nicht in dem Maße ein, um das Fabrikat auffällig aus der Masse entsprechend gleichartiger, geradezu verwandter Werke vereinfachender Gleichsetzung herauszuheben. Eine geschlossene Mannschaftsleistung im Mittelmaßbereich, die scheinbar so gar nicht vom allgemeinen Wettbewerbsdruck behelligt wird. Sich eher recht lässig statt hochgradig verhält, in traulicher Zugewandtheit viel mit Füllszenen hantiert, nicht wirklich Interesse für den eigenen Fortgang, eine autarke Dynamik oder Dramaturgie zeigt, sich scheinbar nicht den nötigen Einsatz zutraut und eigentlich auch die Action bis auf die explosive Endausscheidung nicht effektiv genug durchskandiert. Eine derangierte, auf Dauer etwas ermüdende Wahrnehmung mit gekünstelter Mobilität und versäumter Entwicklung.

Cheung Ho Taks Regiedebüt [ diverse Quellen setzen noch Phillip Ko und Lo Bo Saan als Mitwirkende ein ] ist statt einer Neukonstruktion mit erweiterten Qualitäten und Fortschritten in den wichtigen Belangen, die dann auch das Negative verdrängen vielmehr eine aufrichtig arglose Rückversetzung in den grundlegendsten Urzustand. Eine schon soweit gefällige Akkorde, aber fern narrativer Dichte und Genauigkeit. Eine Entzauberung, ein lediglich trügerisches Glück, ein theoretisches Bereithalten aller Voraussetzungen, die aber noch nicht und später bedauerlicherweise auch nicht mehr in die Praxis umgesetzt werden. So geht es hier getreu der Expansion des Organisierten Verbrechens auch mal in den Urwald, statt einem Reiseausflug in Gewalt und Tod aber eher die Kaffeefahrt per 25km/h Tempo mit dem fliederfarbenen Überlandbus; eine Szene, die so tatsächlich vorkommt und ebenso symptomatisch für das Drehbuch auch mit mehreren Haltestellen flankiert ist.

Unnötige Opfer der ausdehnenden Langsamkeit, da man sich nicht bloß im schnöden Dialog ergeht, sondern auch noch Witze Marke buddy picture einstreut und ganz allgemein die Szenerie von Malaysia viel zu sehr in Richtung touristischem sightseeing nebst anschließendem Waldspaziergang ausnutzt. Das moderne Südostasien mit lebhafter Mischung von chinesisch, portugiesisch, niederländisch und britisch beeinflusster Kulturen, Sitten und Gebräuchen stellt sicherlich gegenüber der sonstig verwendeten Republik der Philippinen die besserere geographische Alternative dar, wird allerdings auch nur zum Abklappern von Verkaufsmärkten, Bahnhof und anderweitiger Infrastruktur in das so nicht weiter visuell reiche Bild gesetzt. Als Ausrede, als Alibi für eine mild attraktive Hohlweltirrealität, als Anlass für vergleichsweise stetige Zänkereien, Haareraufen und Prügelszenen gilt dann auch die Einführung des erzählerischen MacGuffin:

Als zwei HK Cops [ Cliff Lok & Jue Gong ] einen Waffendeal sprengen und die mutmasslichen Täter festnehmen, sollen sie die aufgegriffene Susanna samt einer Diskette nach Malaysia abschieben; den Auftrag bekommen die vermeintlich am Schlechtesten im Distrikt Arbeitenden [ Sibelle Hu & Moon Lee ]. In Kuala Lumpur angekommen werden sie bereits von Inspector Tsui [ Lung Fong ] sowie dem Verbrecherkönig Ma Ko [ Cheng Chu-Fung ] und dem Schergen Chan Wai [ Benny Lai Keung-Kuen ] sehnsüchtig erwartet. Bald brennt die Boomtown.

Schön wäre es zumindest, stattdessen wird sich mangels exzessivem Geldvorrat ein wenig auf den zwar bevölkerten, aber nicht gerade edel glänzenden Straßen eher weitab vom Verkehrsknotenpunkt duelliert; vorzugsweise per Handkante und Fußtritt auf rohe Weise blutige Nasen geholt und die zahlenmäßig überlegenen Gegner in die anliegenden Straßenstände getrieben. Größere Einlagen oder gar Kettenreaktion und Breitseiten an Durchschlagskraft halten sich gemäß des eher begrenzten Budgets notgedrungen in Grenzen und weichen allezeit bereitem empty-handed struggle ohne wirkliche stilistische Ambitionen. Einige eingespeiste Verfolgungsjagden sind nicht der Rede wert und hätten dank holprigen Schnitts, Anschlußfehler en masse und mangelndes Können mit dem ungewohntem Technikaufwand auch lieber beiseite gelassen werden sollen. Ruhmreiche Ausnahme im fist combat Allerlei stellt das viertelstündige Finale, ein unnachgiebig überfallartiger Showdown dar: Der verstiegen überspannten Attacke einer paramilitärischen Miliz auf die lokale Drogenfarm; einer verwaisten Plantagenanlage mit zugewuchertem Gutshaus.

Bis dahin springt die Handlung, bzw. die herumgeisternden Überbleibsel davon ein wenig ziellos zwischen den nur kurz ins Auge gefassten Parteien hin und her und konzentriert sich nach anfänglich eifrigem Hickhack schnell auf die unfreiwillige Partnerschaft von Polizist und Dieb.
Kampfzwerg Benny Lai, der bis dahin nur als thug, extra oder in Nebenrollen unter Jackie Chan ran durfte, formuliert hier nicht bloß das Augenmerk auf ihn höchstpersönlich in der Action Choreographie, sondern setzt sich – wohl um sich seiner selbst zu vergewissern – auch darüber hinaus am liebsten direkt in den Mittelpunkt des lückenhaft ausbalancierten Geschehens. Da er mit counterpart Sibelle Hu per Handschellen aneinander gekettet wird, fällt der am Ende ihrer Karriere bereits empfindlich aus der Form gekommenen älteren Actrice die zweite Hauptrolle, der des Stichwortgebers für allerlei primitiv-kindliche Gags um absichtliche und ungewollte Annäherung zwischen den Gefesselten und die aufgesetzte großstädtische Verzicktheit zu. Während Moon Lee als der strenggenommen primäre und wesentlich feschere Anreiz relativ schnell die Relevanz verliert, aus dem paradigmatischen ready for a fight mit verspätetem Rhythmusgefühl genommen und zwischendurch ganz zur Erholung auf das Hotelzimmer geschickt wird.
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