Samstag, 24. November 2007

Review: Scared Stiff [ 06/03/1987 ]

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Scared Stiff ist das Prinzip Wundertüte. Eine geheime Überraschung, die egal ob negativer oder positiver Aufnahme den Wunsch nach einer weiteren versteckten Überraschung auslöst, nicht ahnend, nur hoffend, was man die nächsten Male entdeckt. Ein unwissend Spiel, dass den unkundigen, aber neugierig bildungsbedürftigen Zuschauer auf die Reise durch Genre und Zunft nimmt, ihn nur mit einer Handvoll bekannter Schauspieler geleitet, darüber hinaus aber auf sich allein gestellt lässt. Abseits weniger Informationen muss man sich selber orientieren, durch das Arsenal voller ungedeckter Versprechen kämpfen und auf der Suche nach den gewollten Zutaten zuweilen auch mal herbe Niederlagen hinnehmen. Behagen, das man erhalten und Unbehagen, das man ändern will.

Eine Wanderung von der silly comedy bis hin zu einem wüsten B-Actioner mit halsbrecherischer Verfolgungsjagd und blutspritzendem Shootout, über einen Krimi, den Slasher, die Mysteryabteilung und einen hanebüchenen Science fiction Verschnitt, der dann endlich die Berechtigung für den Zusammenklang mehrerer Töne gibt und damit gleich vollends ins Phantastische abdriften mag.
Als "Kid Dreams Thriller" wörtlich ins Englische übersetzt sagt der Originaltitel abgesehen von der holprigen Übertragung mehr über den Film aus als jede noch so ausführliche Inhaltsangabe:

Die beiden Freunde David Miu Dai-wai [ Michael Miu ] und Halley Tsang Hsiao-wei [ Eric Tsang ] teilen sich Hof und Haus, aber nicht Bett. Immer auf der Suche nach dem nächsten Mädchen und dem nächsten Zeitvertreib stolpern sie in einen bewaffneten Raubüberfall, bei dem David schwer verletzt und wegen stillstehendem Herz auch beinahe für tot erklärt wird. Allerdings kann er wieder zum Leben erweckt werden; da sein Gehirn die ganze Zeit trotz Nulllinie am Arbeiten war, wird er der brain wave research von Dr. Hu [ Wu Fung ] zugeteilt, wo er sich als Forschungsobjekt in die Assistentin Alice [ Emily Chu ] verliebt. Als sich herausstellt, dass David im künstlichen Schlaf in die Träume und Gedanken anderer Menschen reisen kann, und sein Freund Halley als Zeuge eines Mordes an einem Polizisten schwer verletzt wird, soll er über seine Außersinnliche Wahrnehmung den Täter identifizieren. Besonders Inspector Chow [ Chow Yun Fat ] ist gespannt auf das Ergebnis.

Der Zuschauer ebenso, zeitweilig zumindest, wenn man denn das nötige Faible für offensives Schaugepränge im Dauerakkord mitbringt. Das Geschehen als vollkommen beseeltes Organ, mit Einfällen in irrwitziger Laune, einer pathetisch-dramatischen Bewegung der Zustände und Charaktere, mit übersteigert schöpferischer Wichtigkeit.
Weitgehend in die "Horror" - Schublade proklamiert stellt der mosaisch kodifizierte Film nach dem Abspann zumindest klar, dass er vielleicht überall hingehört, außer in eben diese spezielle Gattung. Selbst beim besten Willen und mit empathisch testierter Interpretation lässt in der aus unüberschaubar vielen Quellen gespeisten Geschichte nur wenig Zutaten für einen traditionellen Angstmacher erkennen; mal von Frisuren, Kleidung und aufgedrehtem Spiel der Darsteller abgesehen. Die reich geordnete, ebenso unberechenbar verwinkelte Handlung in leuchtend kaleidoskopischer, polychrom-poppiger Umsetzung spielt zwar mehrere Male mit dem Faktor des gefährlichen Angriff aus dem Nichts, hat ungewöhnlich für den sonstigen Kontext auch einige herbe Mord- und Totschlag Szenen zu bieten und hätte auch die Möglichkeit für einen verstörenden Albtraum. Bezieht sich seitab eines Teufelskreis Alpha zitierenden ESP - Finales aber nahezu immer auf die kunterbunte Unterhaltung statt der abschreckenden Bedrohung.

Selbst wenn man bei dem Plotstrang vom Spiel mit Traum und Wirklichkeit, der Erkundung über dem parapsychologischem Wege und der Denklandschaften des psychonautischen Paralleluniversums bleiben will, stellt man sich dort eher als ein Dreamscape ohne weiterreichende Brisanz als ein Nightmare on Elm Street oder ein The Cell dar. Die Bewusstseinserweiterung, die Wolkenschieber David auf seinen Astralreisen erlebt ist statt dem Lockruf der Grünen Fee, incl. Bildersturm voll religiöser Symbolik vielmehr ein Zapping in einfach eine erneute Reorganisation des Filmes. Ohne den halluzinativen Zustand oder eine vielleicht kreativ inspirierende Erfahrung auszulösen ein durchaus praktikables und hier zuweilen auch segensreiches Konzept mannigfaltiger Zusammensetzung, um dem Publikum ohne jedwede apparative oder gar intellektuell logische Begrenzung und trotz sehr scharf geschiedener Übergänge soviel Schaulust und Anreize wie möglich darzureichen.

So befindet man sich mal in einem damals äußerst populären Mr. Vampire / Encounters of the Spooky Kind Verschnitt - auch noch mit Wu Ma als Cameo - und jagt an der Seite von David im grün opaleszierenden Verlies mit Holzpflock und Hammer die tief dekolletierten Draculinas. Im nächsten Wunschbildsegment legt man eine schwül dampfende Softsexszene auf einer den Ozean durchpflügenden Yacht hin und die weißen Strandkleider ab, um im Zwischenreich des Begehrens das höhere Jenseitige auf die liebreizende Art der fessellos ausgelebten Ekstase zu bestreiten.
Dies vorherrschende Augenmerk auf dem motorischen Körper- statt dem metaphysischen Geistvehikel zieht sich von Beginn an durch die Veranstaltung; in Form von slapstick- oder auch druckrasanten Actioneinlagen sowie der insgesamt großzügigen [Hyper]Aktivität auch bei Dialog, Gestik und Mimik. Ein narrenfestes Schauspiel kleiner de Funès mit vielen "Ohs" und "Ahs", übertrieben kindlichem Verhalten und rein naiver Wahrnehmung, die sich in einer Fallen/Aufstehen/Weitergehen - Dramaturgie erschöpft.

Zusätzlich hinzu kommen Koordinationsstörungen in der Regie, die die Gewichtung im Zwang, der Sinnestäuschung stetig neuen Reiz geben zu müssen die jeweilige Prämisse scheinbar per Minutenzeiger einteilt und so jede Viertelstunde eine neue, wenn auch nicht immer die Vorstellungskraft erweiternde, sondern häufig sie auch behindernde Episode einspeist. Eine Aneinanderreihung vieler kleiner Stücke mit hinlänglichem Vorrat durchaus kreativer Bilder, aber offenkundigen Schwierigkeiten die Proportionen richtig zu bestimmen. Das Dauerabonnement auf repetierende, nur leicht deklinierte Variationen ohne entsprechende Erfolgsgarantie verlässt sich häufig auf denselben Trick, dessen Magie des Scheins immer und immer wieder aufs Erneute in selbiger Tradition gezeigt wird. Allein die Dosis der Lügen für Gläubige macht das Gift.

Eine permanente Täuschung mit viel Verpflichtung und wenig Verführung. Oft wertloser Zierrat statt Gold.
Besonders der verdrießliche, sich eigentlich nie erfolgreich entfachende Witz und auch das spätere Verlangen auf ausgewalzte, kein Ende nehmen wollende Haschmich- und "Fangt uns, wenn ihr könnt!" Situationen bedürfen einer reduzierten, so auch konzentrierten Ausarbeitung, um der hier bald breit machenden Gleichgültigkeit durch zu wiederholten Genuss und die Gewöhnung daran aus dem Weg zu gehen.
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