Montag, 4. Februar 2008

Review: A Fiery Family [ 1989 ]

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Blut ist dicker als Wasser.
Was der Volksmund schon lange weiß, ist auch auf ewig die Maxime im Heroic Bloodshed Genre, einstmals und heutzutage, wo ebenfalls wieder erneut oder noch immer die Verwandtschafts- und besonders Bruderbeziehungen [ Brothers, Who's Next ] im engsten Zusammenhang mit der präsentierten Geschichte und ihren Verwicklungen stehen. Wenn es hart auf hart geht, wenn nichts mehr hilft, wenn Schon alle Anderen weg sind oder Freundschaft längst Vergangenheit ist, hält man in der Familie zusammen, egal ob man gleiche Interessen, Ziele, Motive hat oder sich überhaupt oder eher so gar nicht leiden kann. Ein nicht nur scheinbar statischer Zustand von alturistischem Einsatz, ein ewiger Zusammenhalt, ein status quo im menschlichen Kontakt, der durch [fast] nichts zu durchbrechen ist. Verschworen auf Leben und Tod als einigendes Kompositionsdoktrin.

A Fiery Family, eine Art Nachfolger zum vorjährigen A Bloody Fight, nimmt sich diese Devise in sonstig paranoider Gesellschaftsstimmung ebenfalls als Quellentext zur Brust und strickt daraus sein Manuskript eines beruflich verqueren, aber familiär geraden Lebensweges mit überlegener moralischer Autorität. Ein Gangsterepos auf kleinem Rahmen, dass sich geschickt den Anschein einer vermeintlichen Ausdehnung gibt, dadurch aber auch riskiert, sein eigentliches Dilemma ebenfalls selber zu erschaffen. Man bricht die in wunderbarer Rücksichtslosigkeit funktionierende Dramaturgie mittig eigenhändig auf und entwirft spontan eine narzisstische Rückblende mitsamt Prophezeiender Selbsterfüllung und zusätzlichem Nocebo-Effekt. Ein Stolpern durch die Historie, die die bisherigen Ereignisse vielleicht in aller Deutlichkeit noch einmal vom Ausgangspunkt her zeichnen vermag, aber weder bahnbrechende Erweiterungen im Wissenstand beifügt, noch die Charaktere durch den Überfluss an Informationen schärfer konfigurieren kann. Blind für die eigentlichen Belange wesentlicher Bestandteile wird durch die abrupte Arbeit an der eigenen Monumentalisierung vielmehr druckvolle Schnelligkeit und hitziges Gemüt aus der Handlung entzogen, sie direkt vom unprätentiös wildbeuterischen Fortgang mit vielen Risikofaktoren in den abgebremsten Schwung der Großen Reden gedrängt und auch noch Melodrama und beginnende Tragik eingespeist. Ein Trugschluss, mit plötzlich dämmerndem Verlustgeschäft:

Als die beiden nur nach außen hin legalen Gangsterbosse Law Chung Lit [ Lo Lieh ] und Cheung Tai Kuen [ Richard Cheung ] von Inspector Yeung [ Yeung Chak Lam ] und Kam [ Tai Bo ] wegen Drogenhandel verhaftet werden, bekommen die Gebrüder Ching [ [size=11]beim gleichen Frisör:[/size] Norman Chu und Eddie Kwan ] den Auftrag, den Solicitor Murest [ Ken Boyle ] umzulegen. Der ausgeführte Anschlag wird allerdings von einem Zeugen [ Ng Man Tat ] beobachtet, der den Killern ebenfalls die Polizei auf den Hals hetzt. Als die Chings trotz erbitterter Gegenwehr festgenommen werden, entschließt sich ihre Schwester Ming [ Che Ling ] samt ihrem schwer verschuldeten Ehemann Wei [ Gordon Liu ] zur Gefangenenbefreiung.

Ein ungestümes Formen und Vernichten von Individuen.
Wem hierbei schon der Kopf raucht, kann entweder mit den genannten Darstellern – allesamt Haudegen alter Schule – nichts anfangen oder ist der gewohnt holprigen Personen- und Themenbestimmten Erzählführung kantonesischer cheap crime thriller ungeübt und besitzt somit auch kein bewusstes Erinnerungsvermögen. Fern einem wirklich ordnenden Prinzip mitsamt einer einzelnen dominierenden Figur und auch abseits einer dramatisch totalitären Geschlossenheit beruht das hiesige Intrigenspiel wie gehabt mehr auf dem Erahnen kausaler Konsequenzen aus der allgemein gültigen Besinnung als dem Mitvollziehen jedes einzelnen Schritts.

Bittere Restriktionen im Präpotenz-Drehbuch und gezielter Einsatz von meist handgreiflich professioneller / resourcenkundiger Action kürzen zwar den narrativen Dschungel, lassen in diesem radikalen Abbau allerdings auch viele lose Fäden zurück, die dann auf einmal mit dem Großmut der viertelstündigen Rückschau ins Vergessen gedrängt werden sollen. Zusätzlich zu dem unnötigen Einblick, der nur unwesentlich mehr Tiefe als einzigen Vorteil herausschlagen kann, ist auch noch der schlagkräftig-derbe Prolog recht kryptisch und wie verspätet dran gehangen wirkend, fast ein anarchistisches Labyrinth der Verwüstung. Die nunmehrige Kette von streit- und rauflustigen Episoden zwischen Auflösung und Aufregung, Aneinanderreihung und Einreihung, Entwirrung und Kopflosigkeit wird allerdings gut unter das alles überschattende Arrangement des desorientierendes Überlebenskampfes auf der einen Seite und der gemeinschaftlichen Familie voll Fürsorglichkeit und Solidarität auf der anderen gesetzt. Die Sippe als Klammer der Abwehr von Unbill.

Ein eisern kooperativer Sozialverband mit umgreifend ethischen Sinnzusammenhang, in einer unversöhnlichen Welt voll Hass und Abscheu. Die Betonung dessen, die tief verwurzelte Geschwisterliebe, die genetische Berechnung [ [size=11]Schwager Wei ist mitverantwortlicher Auslöser der ganzen Unannehmlichkeit, wird aber für etwaige Nachkommen mitgeschleppt. Auch Verwandtschaft wird mittlerweile zum knappen Gut [/size]] als das vertrauenswürdige Motivationssystem, als unabdingbar verlässlicher Schutz gegen die unmittelbare Bedrohung von Außen. Regisseur Wilson Tong inszeniert dies unberührt von kultureller Sensibilität, auch abseits von Trauer, Wehmut oder gar Melancholie. Hingegen als Resignation, als Fluchtreflex, als Getriebensein ohne Licht am Ende des Tunnels, mit stetig spürbarer Gefahr, schnörkelloser Nüchternheit, kaum emotionalen, eher uninspirierten, manchmal auch plumpen Beschwörungen zwischen Verdruss, Überbelastung, Ärgernis. Eine unruhige, aber nicht hektische und dadurch effizient artikulationsfähige Montage mit rascher Schnittarbeit, waidwund-steifem Schauspiel, eindeutigen Gesten, verbalen Faustregeln, affektiver Teilnahmslosigkeit, unstilisierten Szenenbildern.

Ein emblemartig verallgemeinerndes Reglement, dass sich statt dem krakenhaften Gangstertum an der Machtspitze bevorzugt in verwahrlosten Gegenden rund um Schiffsfriedhof, zugigen Bretterbuden, beengten Ein-Apartment-Behausungen in der kargen Mitwohnzentrale oder gleich komplett in ausgebombt leer stehenden Totenackern totaler Zerstörung ansiedelt, öfters selbst aufs Tageslicht verzichtet und auch in Sachen Kleidung, Aussehen und Benimm wenig spendabel zeigt. Die vermeintliche Realität eher zur negativen Fabel mit parabelhaften Zügen aufgewertet, fern trügerischer Idylle sich nicht lange mit Vor- und Anrede aufgehalten, der Konflikt nicht erst etabliert. Die schieß- und prügelwütige Polizeiarbeit als großkalibrige Ergänzung und gleichzeitig Kontrast zum Triadenmilieu genutzt, dass im Finale auch ungewöhnlich für das Metier mit Straßen-Martial Arts und Machetenkampf angeheizt wird.
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