Mittwoch, 6. Februar 2008

Review: Deadly Deal [ 07/02/1991 ]

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Langsam schließende Türen, versperrte Blicke, Fotos, die die Erinnerung begleiten und die Vergangenheit bereits als Reliquie kennzeichnen. Die Veränderung unter sich nahe stehenden Menschen, die sich im Hier und Heute zwar noch die grundlegendsten inneren Gefühle zueinander bewahrt haben, aber dennoch verschiedene Wege eingegangen sind und sich darüber und über die verstrichene Zeit eben doch voneinander entfernt haben. Ein nutzloses Festklammern an alten Gewohnheiten auf der einen Seite, ein stetiges, wenn auch teils ungewolltes Nachlassen auf der anderen, die Unzulänglichkeit im Angesicht ernst zunehmender Herausforderungen. Der Zwiespalt zwischen Wert und Wichtigkeit, zwischen Bedürfnis und Belange, und zwischen Schwäche und Sympathie ist der Grundkern vom bleihaltigen Deadly Deal. Einem weitgehend unbekannten, da auch gerade in der Verbreitung eingeschränkten Heroic Bloodshed Drama, das in seiner Unversöhnlichkeit verharrt. Erst die Chronik einer Liebe, dann der Kampf zweier Seelen, im Eifer des Gefechts von Druckwelle und Pulverexplosion.

- "I never thought it would come to this."
- "That's life. I believe in love, you believe in money. Two different roads."

Die Ummantelung der gewichtig gespannten Angelegenheit besteht aus Standardsituationen, wie man sie in jedem handelsüblichen Vertreter der Gattung vorfindet, sogar auch mit entsprechenden Darstellern geschmückt, die nicht nur in dem Jahr eng mit dem Genre verbunden waren, sondern geradezu als Ikonisierung im Milieu verwachsen sind. Der Prolog gibt die Marschrichtung in bereits eindeutiger Manier vor, dreht dann ab der Hälfte dennoch leicht ab, ohne gleich ganz die Kurve aus dem Klima von Mord und Totschlag zu nehmen, sondern sich nur vorübergehend in einen illusorisch besseren Lebensumstand auszuquartieren.
Dass die verträumte Sicht aufs Meer hinaus, innige Umarmungen, Schwüre und Prophezeiungen einer vermeintlich rosigen Zukunft nur der Anfang vom Ende und so nur ein kleiner Ausweg aus der trist-desolaten Mitwelt sind, ist dem Zuschauer eher und eindeutiger bewusst als den zu sesshaften Figuren, die die Momente des Scheiterns nur hinauszögern, aber nicht verdrängen können und stärkeren Widerstand als erwartet überwinden müssen. Mithoffen und Mitbangen kann man ja dennoch, auch wenn die Konflikte schnell an den Siedepunkt getrieben werden:

Die beiden Konkurrierenden Drogenhändler Steven Tsang [ Stuart Ong ] und Boss Kuen [ Lau Siu Ming ] haben jeweils unabhängig voneinander das gleiche schwerwiegende Problem. Ihre Verkäufe stagnieren, bzw. wird bei der jeweiligen Übergabe immer unplanmäßig aus dem Hinterhalt das Feuer eröffnet, die Schergen wie Fliegen getötet und das teure Gut entwendet. Dahinter steckt Kuens rechte Hand Ricky [ Ricky Yi ], der nicht nur seinen Leitwolf ausbooten und sich selber die goldene Nase verdienen, sondern auch dessen besten Mann Raymond [ Ray Lui ] als Sündenbock für die auftauchenden Probleme verantwortlich machen möchte. Als dieser in den eigenen Reihen auf die Abschussliste gerät, schlägt er sich auf die Partei vom scheinbar nobleren Tsang und dessen rechter Hand Ken [ Kenneth Chan ] und entledigt sich der nunmehrig gegnerischen Organisation. Dort winkt zwar erstmal das schnelle Geld. Allerdings bandelt Rays bester Freund Simon [ Simon Yam ] ausgerechnet mit Eliza [ Elizabeth Lee ], Tsangs properer Mätresse an.

- "I'll tell you this for old time's sake: Money never counts for much. No matter how much it's never enough."
Personen, die im wahren Leben und im filmischen diesselben Namen tragen tun Dinge, die man zumindest auf der Leinwand von Ihnen schon hundertmal gesehen hat und sagen auch die folglich nahezu flüsternd mitlesbaren Sätze auf. Überraschungen gibt es vom souflierten Drehbuch her keine, eher werden absolute Vorgänge in halbherziger Lektüre suggeriert. Abweichungen vielleicht nur in der leicht unüblichen Konzentration auf das eher außenstehende Liebespaar statt dem dezentralen Verhältnis der autonomen blood brothers Ray und Simon, die seit jeher durch dick und dünn gegangen sind, und nur die letzten Jahre durch einen Auslandsaufenthalt getrennt waren. Und in der zeitweilig aufkommenden Intensität des eigentlich doch schon dutzendweise vorgelegten, nicht gerade verschleißfreien Geschehens, dass durch eine eigentümliche Beobachtung einer wie unter der Glasglocke gehaltenen und mit eingebautem Mikrofon abgehörten Artenkultur auffällt.

Sind felsenfest beharrende Taten und Worte sowie Figuren der brutalisierten / kapitalisierten Männerwelt bis in das kleinste Detail vertraut, so wirken ihre Handlungen gleichzeitig abgestumpft, gleichmütig und unterstreichend hervorgehoben. Die Betonung hinsichtlich Aussprache und auch Ausdruck einschließlich Gesten, einschließlich gar des Klangs vom Trommelfeuer plus den einschlagenden hit squibs erwecken den Anschein einer Fülle aufschlussreicher Akzentuierungen, die gar nichts Neues formulieren, aber das Traditionelle schärfer erfassen und sparsamer koordinieren.
Eine unterschiedliche Betrachtungsebene, eine Frage der Aufnahmetechnik, der Bedachtsamkeit der Montage, der geruhsamen Ebenmäßigkeit von Dialog und Ambiance. Wie eine neue ereignisgesteuerte Abtastung, die das alte Material voll postmoderner Identitäten buchstäblich impulsgebend vertieft und aus dem gewohnten flüchtigen Erzählstil und der schon eher schemenhaften Erzählung erfrischende, fast originalverpackte Facetten von verdrängten Gedanken und unterbewussten Gefühlen zum Vorschein bringen kann.

Universelle Einschnitte, die die bisherigen Denk- und vor allem Empfindungsstrukturen und die sinnfällige Wahrnehmung der dann doch speziellen Situation ebenso kundenspezifisch erweitern; dicht an der Isolation, der Desillusionierung, der Abstraktion und Vereinfachung angesiedelt und zwischen trivial Plakativen und perspektivisch Verzerrten schwebend. Vor Jahren, als Beide noch jung und unschuldig waren, hat Simon seinen Gegenpart Ray in die kriminelle Szene eingeführt, kurz bevor er sich in die USA absetzte und dort mit einer von Ray zum Abschied geschenkten Kamera seine berufliche Laufbahn als Modephotograph begann. Jeder hat den Anderen entscheidend beeinflusst und ihm quasi nicht nur das Leben zu verdanken, sondern auch wie er seine Existenz und wohin sie ihn führt. Einmal als Segen und einmal als Fluch.
Nun ist es an der Zeit, die damalige partners in crime Parallelität und das derzeitige Auseinanderliegen sowie die differierende Vorstellung vom Sein und der Realität zusammenzufügen, sich entgegen ihrem Charakter oder ihrem Vorleben erneut dem Bündnis von unabdingbar brüderlicher Freundschaft und emotionaler Kollegialität zu vergewissern und gemeinsam statt getrennt in die Gefahr zu begeben. Zu zeigen wie seelisch belastbar sie tatsächlich sind, auch wenn sie schon hinlänglich viel erlitten haben.

Ein Gang Seite an Seite aus dem Waffenstillstand hinaus, die letale Abwärtsspirale hinab, in den finalen Schießstand, der von namenlosen Handlangern mit Mordauftrag und Unterschallmunition bevölkert wird.
Auf ihre eigene losgelöste Art inszenatorische Kabinettstückchen dann die Shootous: Wie beim kaltblütig überlegten Blitzschach. Kleine, knappe, taskbasierte Auszüge eines dekomponiertes Strategiespiels. Rapides Einschlagen der noch zischenden Projektile. Sekundenpartien an Gewalt und Vernichtung, deren fehlende Bedenkzeit nur von souveränen point shooting Offensivfanatikern beherrscht wird.
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