Mittwoch, 17. Oktober 2007

Review: Big Job [ 1998 ]

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Es gibt auch Filme, bei denen kein Flattieren hilft, bei denen man noch so sehr säuseln, schmeicheln, sie aber dennoch nicht glaubhaft schönreden kann. Big Job ist eine große Aufgabe für die ganz Hartgesottenen. Für Diejenigen, die uneinsichtig, unbußfertig und wider besseren Wissens den Gang in das Übel wagen, sehenden Blickes noch jedem Schrecken trotzen und sich nicht zu schade dafür sind, zugunsten des Abklapperns der zu Recht unbekannten Werke auch mal herbe Niederlagen einzustecken. Zwar macht auch diese Dream Movie Entertainment / Tonrock International Investment Ltd. Produktion auf die ersten Meter und besonders den Ausgangs- und Eckdaten alles richtig, aber verliert dann schnell den Halt und fällt ungebremst ins filmische Aus.
Zumindest das Wissen um die weitere Karriere von sowohl Darsteller Chin Siu-ho als auch Regisseur Lee Chiu wurde hiermit ergänzend gdehnt und ein erneuter Schritt in Richtung Vervollständigung getan, wenn auch mit Schmerzen. In guten wie in schlechten Tagen.

Beide haben in den 80ern und frühen 90ern das kantonesische Actionkino vielleicht nicht erweitert, aber zumindest bereichert, auch da schon von der zweiten Reihe aus schießend die B-pictures veredelt und sich allgemein einen würdigen Namen mit kleinen, aber schnellen und knackigen Mittelklassereissern erworben. Die nunmehrige Tragödie im Wandel vom Qualitäts- zum Billigprodukt lässt nur noch wenig von der ruppigen, aber wenigstens effektiven inszenatorischen Kraft eines A Punch to Revenge [ 1989 ], Mission of Condor [ 1991 ] oder Marked for Murder [ 1992 ] anmerken, auch Akteur Chin ist hiesig weit davon entfernt, direkt neben Jet Li platziert auf der breiten Leinwand herumzuturnen. Das ernüchternde, vielleicht auch frustrierende Sichgehenlassen nach dem stetigen Hinabsinken in das trübe Loch der Gegenwart macht sich gerade bei ihm auch körperlich bemerkbar; neben einem losen Haarschnitt, der mit seinem flauen Pferdeschwanz höchstens einem small-time crop zur Ehre gereicht, hat man auch sichtlich Kummerspeck und unreine Haut angesetzt. Die ruhmreiche Vergangenheit formuliert ihn trotzdem zum Zugpferd des vorliegenden Geschehens; abseits dessen lassen weitere anreizende Lockmittel allerdings auch lang auf sich warten. Ein Masochistischer Behelfsplan für den Notstand, zwischen Abrissbirne, Verputzplatten und Brachland:

Als sein als Undercover-Cop tätiger Bruder von den Gangstern Lung [ Leung Hak-Shun ] und Wan [ Suen Kwok-Ming ] aufgedeckt und getötet wird, sucht der gerade aus England zurückgekommene A-Jei [ Chuek Wai-Man ] blutdurstige Rache. Dazu schmeißt er sich erst an die Tochter von Lung heran, werkelt sich dann in dessen Organisation nach oben und erschleicht sein Vertrauen. Währenddessen versucht Chang Jiaming [ Chin Siu-ho ], head of serious criminal events, sein Glück von offizieller Seite aus.

Der Film selber probiert es mit göttlicher Hilfe, experimentiert mit dem Heil in die Flucht und hält sich darüber hinaus noch schadlos an Bewährtem fest. Zu Beginn darf man noch frohen Mutes auf ein asketisch enthaltsames, aber die züchtigen Möglichkeiten zumindest ausnutzendes Sparprodukt aus dem Discounter-Regal sein, sich an strammen Einstiegstempo, rapide abgeschnittenen establing shots und kompromisslos verkürzten Dialogen erfreuen. Ein fliegender Start, der Hoffnung auf unkomplizierte, beweglich-agile, knochentrockene Basiswartung verspricht und für einige Minuten auch erfüllt. Die Handlung mitsamt einem Bandenkrieg und einer rabiaten Chinagang für Genre und Zunft fortdauernd bewährt; zwar jenseits jeder ingeniösen, kreativen oder sonstwie intellektuellen Anarchie am Rande des Bankrottes angesiedelt, aber wenigstens an ungebrochener Heimatpflege interessiert: Hemmungslos wird sich bei Andrew Laus To Live and Die in Tsimshatsui [ 1994 ] bedient; nicht einmal so sehr in der Gedankenlinie selber, aber in der Direktübernahme prägnanter Szenen, die unkollegial im regelrechten 1:1 übernommen wurden.

Die erste Ernüchterung kommt dann nicht einmal durch das hereinbrechende stock footage, dass sich zwar anfangs auch einer einleitenden Actionszene bedient - [könnte gar aus Mission of Condor sein, aber Schießereien auf Containerplätzen gibt es wie Sand am Meer] -, aber baldig darauf ausruht, einfach nur die Aussenlocation zu sparen. Das Budget lag wohl möglich so niedrig, dass wahrhaftig die Schauplätze aus anderen Filmen einspeisend vorgegaukelt werden; die Sicht auf das Polizeiquartier sowie eine Lagerhalle und ein Blick aufs Meer hinaus stammen aus einem schon von der Bildqualität und dem aspect ratio überdeutlich verschiedenen Material. Dass die Innenaufnahmen nun auch nicht gerade vor Anmut und Schönheit übersprudeln, sich die Oberen Triaden in etwas aufhalten, was wie ein sehr schmales Jugendclubhaus mit Plastiktisch und grünen Ledersesseln aussieht und man sich auch sonst nur in den schummrigsten, lumpigsten, beengtesten Orten aufhält, verwundert dann wohl Niemand mehr. Wenigstens konnte man sich mehrmals etwas Gutes für Leib und Seele tun: Dampfbad, Sauna und Massageparlour zählen ebenso zu den aufgesuchten Wirkstätten wie auch die anliegende Nachtbar, incl. der traditionellen Schlägerei.

Action selber ist dann auch so sporadisch gar nicht; spärlich in Bezug auf Quantität und Qualität im Vergleich zu finanziell und schöpferisch vorteilhafter versorgten Fabrikaten sicherlich, aber für Zweck und Herkunft erfüllt man trotzdem seine Mittel. Gleich als Opener stürzt Jemand durch einen Glastisch, weiter geht es mit einem missglückten Waffendeal, der Beseitigung des Spitzels, einer Kanaillenhaue, Attentat und Razzia; sogar der anonyme Hauptdarsteller beweist sich in den aktiven Einstellungen als halbwegs fähiger Könner, der sich in Aktion und Reaktion gewandt durch die gegnerischen Mauern schlägt. Schade nur, dass man dort die Kamera zu ungeschickt, widerspenstig, übermotiviert herum schleudert und der Ton + Toneffektschnitt nicht nur stetig gleich bleibend, sondern auch in heilloser Übersteuerung innehält. Diese Art der komplett verhunzten digitalen Nachbearbeitung kann man nur als Armutszeignis bezeichnen, selbst für einen schlechten Scherz reicht es nicht mehr.

Schlimmer erwischt es nur die Optik, die offensichtlich von behelfsmäßig arrangierten Streikbrechern arrangiert wurde und dem Begriff Zelluloidmüll seine wahre Daseinsberechtigung gibt. Natürlich wurde auch hier die DV-cam benutzt, allerdings bekommt man nicht die übliche steril-aseptische Klarheit, den unfilmischen Naturalismus ähnlich einem heißblütigen Heimvideo geboten. Sondern eine Sicht wie durch die verdreckte Milchscheibe, alles recht stumpf, dunkel, ausgebleicht und blass. Mit kaltem, unvorteilhaft verschandeltem Licht, ohne Glanz, ohne Klasse, mitten rein in die Bedürftigkeitsfalle.
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