Sonntag, 28. Oktober 2007

Review: Hellfire Angel [ 31/08/1979 ]

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Wahrscheinlich selbst nicht am eigenen Gelingen interessierter modern day flick aus dem Hause Golden Harvest, die zum Zeitraum der später 70er trotz einiger gleichartiger Versuche noch lange nicht zum konkurrierenden Shaw Brothers Studio aufstoßen oder gar gleichziehen konnten. Erst in der Mitte der 80er sollte Raymond Chow den bisherigen Branchenprimus überrundet und ihn aus seiner jahrelangen Spitzenposition gleich in den Stillstand getrieben haben; hier ist das Endprodukt noch soweit von einem gewinnenden Vergleich entfernt wie das ausgewaschen-blasse Bild von Shawscope.

Eher erinnert man an die auch erfolgreiche, allerdings damals nur in Bahnhofsspelunken und danach in klammfeuchten Videotheken oder auf schäbigen Privatsendern im Nachtprogramm abgenudelte Bruceploitation, die sich mit mehreren bescheidenden Epigonen an den Ruhm des frühzeitig verstorbenen Bruce Lee anhängen und dessen Triumphe ausnutzend wiederholen möchte. Und sowohl visuell als auch materiell ein wenig an das deutsche Raubbaukino eines Rolf Olsen, der sich in spekulativer Manier die wachsende Kriminalität, die anschwellende Brutalität und die steigende Verunsicherung hin zur Paranoia zur Brust nahm und hier verspätet für den asiatischen Raum nachgereicht wird. Die Schiene der Nostalgie funktioniert also in mehrere Richtungen, wenn auch nur über Hinweise und Andeutungen und nicht wirklich aus dem eigenen Schaffen heraus. Und Leider ist dies auch fast das Einzige, was denn überhaupt gelingt.

Heimisch fühlt man sich sofort bei dem prompten Disco-Ambiance, dass dem Zuschauer mit seiner funkigen Musik, den Schlaghosen, offenen Hemden und dem allgemeinen Glitzern nicht nur der Glaskugel in den ersten Minuten entgegen schwappt. Das Saturday Night Fever hält allerdings auch nur für kurze Dauer an und macht einer stetigen Multiplikation von Figuren Platz, die in der ewigen Aneinanderreihung noch addiert mit einigen banalen Satzfetzen und etwas aufgerissenen Augen wohl das Drehbuch und die Atmosphäre gleich mit ersetzen sollen. Ein unehrenhaft gescheitertes Ansinnen, dass in seiner leidenschaftslosen Geistesabwesenheit auch dem Zuschauer schnell das Desinteresse gegenüber Personen und Geschichte und die Handlung als sehr harmlos sprudelnde Soda aus Nichteinmischung, Teilnahmslosigkeit und Unbeteiligtsein bereitet:

Die Hostess Cheng Szu [ Ma Man-Ngai ] wird eines Abends vier vermeintlich milliardenschweren Geschäftsmännern aus Indonesien vorgestellt, die sich nach einer lustigen Ausfahrt allerdings als von der Polizei gesuchte Bankräubern entpuppen und bei der ersten Streife auch schnell das Weite suchen. Zwei der Männer, darunter auch Lu Ah Hsi [ Ma Chung-Tak ] werden geschnappt. Hung Bo Kam [ Yeung Chak-Lam ] und Lin Fang [ Wong Yuen-San ] können fliehen. Dumm nur, dass der nun im Gefängnis schmorende Lu als Einziger das Versteck der Diamanten weiß. Hung und Lin schmeißen sich an Cheng Szu heran, um über diese an Lus Schwester San [ Yau Pooi-Ling ] und dann wiederum an den Aufenthaltsort der Klunker heranzukommen.

Klingt zumindest in Verbindung mit Zeit, geographischem Setting und der auch damals schon ausgeprägten Tradition der Veranstaltung soweit passabel, verpasst aber nicht nur die nötigen Attraktionsmomemte, die um Aufmerksamkeit kreischende Sensationslust und die etwaige Andeutung von Aufklärung und Skandal. Abseits vom reißerischen Titel, der eine kolportagereife blood-and-thunder novel Mentalität fingieren und auch heutzutage ohne Weiteres zumindest das Quäntchen Neugier auf das Krimi-Produkt dahinter erzeugen kann, ist außer mangelnder taktischer Disziplin, gleichgültiger Passivität und herzloser Abstumpfung nicht allzu viel gegeben. Nachteilig wirkt sich vor allem aus, dass man außer dem Beschreiten bereits altgedienter Wege niemals den nötigen Druck unter Dialog und Aktion speisen kann, sondern man nur eine Gedankenflucht von A nach B nach C stattfinden und dieses ermittlungstechnische Geschick auch noch auf das vollständige Alphabet ausdehnen lässt.
Das genaue Gegenteil einer auf das Wesentliche reduzierten Dramaturgie und damit auch der exakte Widerspruch zu den Gesetzmäßigkeiten des Genres, dessen Bewusstsein um Mittel und Zweck des schaustellerischen Unternehmens man niemals erlangt.

Hier trifft man allerhöchstes Vorbereitungen auf einen möglichen Ernstfall. Mit viel Verrat und Doppelverrat, und einem Hin und Her, in dem die Leute nur mit vorlautem Mundwerk und großen Scheinen hantieren und ständig mit dem Messer zur Schießerei kommen. Ein kontinuierliches, unausrottbares Abklappern sämtlicher vernunftwidriger Charaktere, die ohne Sinn und Zweck nur eine vermeintliche Entwicklung vortäuschen sollen, deren Alibi-Funktion aber rasch auffällt und auch nicht durch weiterführende Steigerung wieder bereinigt werden kann. Die schädliche Welle der ausdehnenden Tatenlosigkeit erfasst bereits die eng im Zentrum stehende Lu San, die eigentlich auch nur als bestenfalls optischer Blickfang bezeichnet werden kann und ansonsten so unnötig wie der viel zitierte Kropf ist. Die Hostess als Fokus im Bandenkrieg verfeindeter Exgesellen erfüllt nur die Notlüge eines girls with guns actioners und wird noch zusätzlich mit banaler Moral angereichert. Käuflich ja, aber nur für die gute Sache. Verbrechen lohnt sich nicht.

Ein unausgeglichener, zerfahrener Integrationsleitfaden, nahezu unsichtbar in seinem narrativen Zusammenhalt und gleichzeitig durch seine ungeschickte Ausdehnung so offensichtlich wie entbehrlich. Das aussichtslose Bewegen als das erbarmungslose Durchpeitschen einer einzigen schlechten Idee wirkt sich auch nachteilig auf sämtliche darstellerische Leistungen aus, deren Gestik und Mimik wie verspätet reagierend erscheinen lassen und den jeweiligen Ausdruck so immer schon weithin absehbar kennzeichnen. Einem falsch, ja einstudiert vorkommendes Erschrecken, Erstaunen, Empören, Entsetzen, dass außer mehreren Déjà-vus keine deutliche Erkenntnis bringt und in seiner Demenz-Prävention so aufgeregt unaufgeregt gehalten ist, dass man sich als Betrachter dieser Betäubungsstrategie wie trunken schunkelnd im Klappstuhl fühlt. Geringfügige Abwechslung im Einerlei der Kaderaufstockung bringt ein touristischer Ausflug ins relativ frisch erbaute Pik Uk minimum security prison auf der Halbinsel Sai Kung in den östlichen New Territories und eine weiterführende Schatzsuche nahe dem Yau Yue Wan Village; ein wenig Höhlenforschung samt Tierhorror schärft kurzzeitig Würze in die entkräftete Angelegenheit.

Die wenigen Martial Arts Wallungen, sichtlich vom Alter der Fabrikation betagt, kommen sporadisch aus heiterem Himmel, oftmals sogar bloß mit einem schieren Gimmick statt wahrer Notwendigkeit versehen und auch abseits der schon storytechnischen Belanglosigkeit weitgehend energielos-schlaksig und fern Athletischer Voraussetzungen gehandelt. Mehrere Male springt ein dickmopsiger Taxifahrer kampfbereit ins Getümmel, der mit dem eigentlichen Plostrang zwar ebenso wie der Großteil der Anwesenden eben nichts zu tun hat, aber wohl als Einziger auf dem Set die Fäuste schwingen kann. Zum Showdown bringt er noch seine befreundeten Kollegen mit, so dass der Dreh dieser Szene mal etwas aufwendiger, aber noch lange nicht als empfehlenswertes Husarenstück, sondern eigentlich nur genauso sinn- und bedeutungslos wie alles Vorherige anmutet.
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