Donnerstag, 11. Oktober 2007

Review: Hard Trail [ 1998 ]

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Dass auch die Schmiede Dream Movie Entertainment / Tonrock International Investment Ltd. sicherlich nicht alle tagelang die filmischen Goldnuggets aus dem Ärmel schütteln, vermerkt man an Hard Trail. Freilich lässt sich auch hierbei gut beflissener Funke und inspirierende Essenz hinter Produktion, Fabrikation und Distribution erkennen, das Pendeln an alten Traditionen entlang, die Sicherheit durch mehrere anerkannt bestätigte Mitwirkende vor und hinter der Kamera.

Dass allein dadurch noch lange kein Reißer für die nächste Generation herum kommt, dürfte klar und verständlich sein. Es geht um die seichte, eigengesetzliche, exotisch-fremde, unerforscht-fernstehende Unterhaltung fern des Einheitsbühnenbildes. Um das Wühlen, ja Suhlen im dunklen, feuchten, schwitzenden Sumpf abseits der tourismusverseuchten Blockbuster-Badestrände. Um die Essensaufnahme in der verwaisten, aber wenigstens individuellen Currybude mitten in der Einöde, statt nur die nächste Großküche anzupeilen und sich in die Schlange einzureihen. Natürlich braucht man noch zusätzlich das Hobbyfahnder-Faible für den Blick weg von den prunkend glitzernden Verlockungen, den vollmundigen Anpreisungen und den in monatelanger Werbestrategie entworfenen Überrumpelungstaktiken.

Hard Trail bietet diesen Kitzel der Attraktivität nicht, kann es auch nicht und leistet sich höchstens die kleine 08/15 Standardgeschichte voll privatem Ungemach, abgerundet mit einigen Ausflügen in die erwähnt versiffte Fast Food Stelle, einen sichtlich zerbombten Pferdestall, Hintergasse, engster Schmalspurbehausung und jeweils einer Büro- und einer Nachtclubhöhle. Bis auf die zwei Hauptdarsteller passt sich auch die äußere Erscheinung, speziell die Physiognomie der Figuren den lokalen Baracken an; außerdem tragen alle die Kleidung auf, die Michael J.Fox spätestens Ende der 80er vor Verschliss vom Leib abgeplatzt ist.
Die Handlung ist ähnlich neu:

Shenzhen, Huanggang.
Customs Officer Tang Chuen [ Chin Kar-lok ] regelt den Warenverkehr am Grenzübergang von China nach Hong Kong. Eigentlich ein rechtschaffener Mann, der nur die Einhaltung und Verteidigung der Gesetze und die bevorstehende Ehe mit Siu Fan [ Strawberry Yeung ] im Kopf hat, gerät Tang unfreiwillig in die Zwänge des Schmugglers Law Ching-yeung [ Mai Kee ] und seiner rechten Hand Wo [ Billy Ching ]. Diese erpressen Tang damit, dass er während eines Kampfes Lams jüngeren Bruder getötet hat und sie sich revanchieren, sollte er nicht wegen ihren Lieferungen ein Auge zudrücken.
Tang kommt ins Schwitzen.

Der Zuschauer nicht, dafür ist die Geschichte in seiner minimalen Vielfalt und der maximalen Einfalt zu lang gestreckt. Trotz aller finanziellen Auflagen und den Beschränkungen des damals sowohl gesättigten als auch baldig aussterbenden Marktes lässt sich ein eiserner Wille der Macher auf bestmögliche Ergebnisse immerhin registrierend schön reden, wenn nicht gleich komplett wohlwollender Betrachtung unterziehen. Nach einem gescheiten, wenn auch holprigen Start, bei dem ein blutiger Raubüberfall auf den Transport des Nationalschatzes vollzogen wird - [ = ein paar Schergen überwältigen ein paar Gepäckträger im Kulturpark, die gerade sichtlich leere Umzugskartons tragen ] - schweift die Handlung sinnigerweise erst einmal ab. Werden die großen Probleme ignoriert, so die Aufmerksamkeit auf weitere Dinge gelenkt und das Interesse durch narrative Umwege und der Herausstellung von Kontrasten statt dem geraden Gewaltmarsch erhöht. Wie der Mann vom Zoll an den Schmuggler gerät ist dabei gar nicht so ungeschickt gehandhabt, sogar mit einem kleinen zwischenzeitlichen Aha-Effekt und einem späteren Plottwist ausgestattet, die die Bonität kurzfristig verbessern. Das vielseitige Bemühen auf ein Mehr in Skript und Ausführung, in denen man gewisse Zutaten, Fähigkeiten und Entschlüsse zumindest im Vorsatz erkennen und in der beginnenden Ausführung erblühen sieht. Ist der Clou des unheilvollen Arrangements dann mal Anfang des dritten Viertels geknüpft, fehlt aber die frühherbstliche Zündung, der Druck aufs Gaspedal, das Schalten in die hochtourigen Gänge.

Gottseidank kürzt man die inneren Zweifel und überlegenden Gedankengänge von Tang Chuen auf einige ratschlagfragenden und tippgebenden Gespräche mit seiner angehenden Frau ab; auch die chinesische Bürokratie wird nicht über Maß strapaziert. Trotzdem vermisst man die Ausdrucksmöglichkeit hinter dem Geschehen, die Bedeutung und Bestimmtheit des Ganzen, die Momente von Bedrängnis und Gefahr, die Relevanz der moralisch widerstreitenden Kräfte und der beeinträchtigen Entscheidungsfreiheit. Dass sich Sachlage und Personenstatus unscheinbar schmächtig aufführen ist Eines. Dass Emphase, Energie und Intensität ähnlich pygmäenhaft kniehoch bleiben, eine andere.
Schnellere Abschnitte relativ rar, entwickeln sich aber ausdauernder und arbeiten dann gleichwohl mit der exakten Linie des gun fu Stils der 80er und 90er, sprich: Das meilenweit erkennbare Ärgernis, die pathetischen Ansprachen, das wilde Stürmen in die Deckung, die eigentlich unnötigen, hier auch etwas steif aussehenden Rollen vorwärts und seitwärts in die geeignete Schußposition, das insgesamt grobdynamische Bewegen, das wüste, ziellose Streufeuer, das gestrichene Nachladen, die deutlich auf Knopfdruck explodieren Blutpäckchen, die hohen Beinchen und fliegenden Fäuste beim infight.

Zum Teil schreiend lustig sind die typischen Logikklöpse nebenbei: Da wird so unpfleglich mit den entwendeten Dinosauriereiern umgegangen, als träge man nicht Darwins Erbe in der Sporttasche, sondern aufgepumpte Fußbälle mit sich herum. Die Polizei nimmt Telefongespräche mit einem verstaubten Tonbandgerät ähnlich dem DENON Tapedeck dr-m 11 auf und will dann noch weissmachen, dass man damit auch Hintergrundgeräusche heraus filtern kann.
Nicht nur da macht sich bemerkbar, dass mit Regisseur Heaven Yiu Tin-hung zwar dem Namen nach auch ein Fachmann für das ureigene Genre an Bord ist, dieser aber weder über die Filmographie noch das dahinter steckende Können eines Wong Jan-yeung verfügt und zackig exerzierte Action lieber mit unreifen Textpassagen zu geklautem Gary Chang Score ersetzt.

Yiu, dessen Karriere nie wirklich stagnieren konnte, da sie gar nicht richtig anfing, wurde mit der Zeit eher noch schlechter, gleichzeitig zu unbeholfen und zu statisch sicherer. Der Abstieg von Secret Police [ 1992 ] über Drugs Fighters [ 1995 ] zu Gold Rush [ 1998 ] zeichnet beispielhaft das rückläufige Nachlassen jeder speziellen Handschrift oder wenigstens einer spürbaren formalen Cleverneß hinsichtlich intrigantem Schwung auf. Die residierende Inszenierung mit linder Genauigkeit bleibt trotz aller vorhandenen Mobilität weitgehend gediegen, wie aus dem Episodenführer für angehende Telenovelas.
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