Montag, 18. Februar 2008

Review: A Bloody Fight [ 12/05/1988 ]

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Relativ ruhiges, mit kleinen Mitteln erzähltes Killerdrama um die formelle Selbständigkeit der individuellen Besonderheiten, die Zufälligkeiten von Absicht, Vorhaben und Bestimmung, dem Begriff und der Wiederherstellung der Ehre sowie der Kollision von Freundschaft und Gerechtigkeit. Wie so oft im Genre, deren Drehbücher geradezu von einer verschworenen Denkkollektive verfasst werden, geht es um die Bestandsprobe einstmals festgelegter Werte, um das Infragestellen eigentlich als bekannt und allgemeingültig gehaltenen Tugenden und Bindungen, die allerdings wie alles im Leben ihr eigenes Ablaufdatum ohne die entsprechende Garantie auf ewige Gültigkeit besitzen. Eine Selbständigkeit der subjektiven Eigenwilligkeit, die sich auch im großen Wechsel äußerer Umstände bewähren muss.

Die Konfrontation von Polizist auf der einen Seite mit seinem ehemals besten Freund, der nunmehr natürlich auf der falschen Ordnung, der des Verbrechertum steht, ist dabei die mit am striktesten durchgezogene Prüfungssituation. You're the cop, I'm the murderer. We're opposites. Schon von Berufswegen ein absoluter Fauxpas, eine Verschiebung der Barrikaden und nur noch überboten durch den Entscheid zwischen Kameradschaft / Brüderschaft und Liebe sowie Freundschaft und Familie, die ebenso oft unter die Analyse von Mannigfaltigkeit und Gradation der Empfindung und Leidenschaft gezogen werden. Welchen Weg wählt man, wenn man vor die Wahl gestellt wird, an wem hängt man mehr, vertraut man mehr, schuldet man mehr und wen gibt man schweren Herzens im Gegenzug auf. Das schmerzhafte Aufsuchen des eigenen Ich. Hier wie so oft eine dramaturgische Frage, die mit ausgeprägt herausgehobener Emotionalität, manchen nachdrucksvollen Besinnlichkeiten und unmissverständlich hervor scheinenden Problemen betrachtet, in der Gegenüberstellung gesteigert und letztlich zur finalen Auseinandersetzung gerufen wird; auch wenn hiesig in der eher besonnenen Durchsetzung ohne Innovationsimpuls, Zuspitzungen oder Wendungen nicht einmal ein richtiger Showdown spendiert wird:

Chui Keung [ Norman Chu ] arbeitet seit mehreren Jahren als Auftragsmörder für einen international assassin club, möchte allerdings nach dem Verschulden eines unabsichtlichen Todes an einer Unbeteiligten den Job niederlegen und sich mehr um seine Frau [ Wong Aau ] und den gemeinsamen Sohn kümmern. Sein Ziehvater und Lehrmeister Leung [ Liu Chia-Liang ] unterstützt ihn bei diesem Vorhaben und legt auch ein gutes Wort bei den Führern der Association, Mr. Cho [ Chu Yuan ] und Wai [ Shum Wai ] ein. Kann allerdings nicht verhindern, dass Chui Keung dennoch auf die hausinterne Abschussliste gesetzt und dessen Familie bereits beseitigt wird. Nun hat dieser nur noch seinen alten Freund Lau Fai [ Gordon Liu ] und dessen Schwester Little Lau [ Ngai Lau-loh ]; allerdings ist Fai mittlerweile Inspector bei der Polizei und längst unbewusst hinter Chui Keung her, da dieser als letzte Mission Fung Yan Chak [ Fung Hak On ], einen Kronzeugen der Staatsanwaltschaft zum Schweigen gebracht hat.

Wie auch im nachjährigen Abkömmling A Fiery Family liegt das Hauptaugenmerk in der Besetzung eindeutig mehr auf altgediente, honorig rechtschaffene, noch einmal aufs neue motivierte Recken statt dem gegebenenfalls fälligen Popstarcasting Marke Andy Lau und Co., die sonst jeden anderen Bloodshed mit ihrer Anwesenheit beehren. Demgemäß glaubhafter wirkt sich neben dem ungewohnt hohen Martial Arts Anteil auch das häufig vorkommende Herbeisehnen der eigentlich längst geschehenen, aber innerlich noch nicht abgeschlossenen, da als verklärt hingestellten Vergangenheit aus. Das schon zeremoniöse stay in the past Verhalten führt hierbei öfters zu kurzen, aber umso beklommenen Zügen vielleicht nicht gramgebeugter, aber doch geknickter Rückbesinnung von Anschauungen und Zwecken, denen die jetzt ablaufende Gegenwart nichts mehr entspricht. [Kurz vor Ablauf der realen Karriere und angesichts der nicht länger zu trotzenden Alterserscheinungen der wortkargen Beteiligten durchaus eine Überschneidung von Kunst und Realität, auch wenn die psychologischen Aspekte der Schein-Sein-Problematik und das entsprechend bittere Erkennen der Wahrheit nicht im diskret betrachtenden Blick verschärft werden.]

Eine Verifizierung archetypischer Gattungsvorstellungen, ein wenig schnöde, ein wenig sanft verstiegen. Souverän, aber mit zögerlich verhaltener Gemütserweichung. Der einzige Schritt überhaupt in die Zukunft hinein ist der kurze Traum vom holden Glück, den Chui Keung nach seinem Ausstieg mit seinen Liebsten auf dem Lande feiert: Eine vermeintlich einfühlend wahrnehmbare Montage des Zustands der Willensbefriedigung, die den Zuschauer allerdings niemals verführen, sondern höchstens vorführen kann. Bis die längst platzierte Autobombe das friedliche Paradies der ach so unschuldigen, offensichtlich nur suggerierten Idylle zerreißt.

Das Wissen, dass nichts mehr so sein wird wie früher, der Schritt in die Bedürfnislosigkeit, in die Hypomelancholie, dem Wahn eigener Verschuldung aufgrund der Lebenslügen und der Verworfenheit stellen statt dem üblich antreibenden Fortgang in distanzierter Reflexion die wesentlichsten und auch die am gescheitest heraus skizzierten Merkmale der abwartenden Erzählführung bar Affront, Schock und Exzess dar. Profitieren tut man darüber hinaus von der überaus klaren Situationsdeutung, dem Mangel an moralischer Belehrung, den konventionell gehaltenen und damit verständlichen Szenentypen und der wenig affektierten Diktion mit Raum für längeres Nachdenken, auch wenn derlei Einfälle bereits damals schon zum Schema verkommen waren.

Leider tritt sich der sonstig durchaus gekonnt taktierende, geradezu in der universellen Allseitigkeit zwischen unpersönlicher Vielseitigkeit und standardisierter Vorschrift herum lavierende Film einige Male selber auf die Füße; nicht so sehr materiell als vielmehr formal. Der Zahn der Zeit hat nicht nur an den gar fürchterlichen Kleidungen und Frisuren eigentlich sämtlicher Darsteller genagt, auch das mehrfache Anspielen einer chinesischen Covervariante von Europes one-hit wonder "Final Countdown" stellt die Nackenhaare besonders auf.
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